Vom 03.-16. März 2022 werden in den Berliner U-Bahnhöfen 30 Porträts von Ukrainer*innen präsentiert. Sie werden mit fast 300 Aushängen im U-Bahn-Netz der Hauptstadt zu sehen sein. Die eindrücklichen Porträts hat die Fotografin Oleksandra Bienert für uns kreiert. In ihrem Artist's Statement beschreibt sie, worin das Konzept der Porträtserie besteht.
Artist's statement von Oleksandra Bienert
In meiner Stadt Kyjiw und in der ganzen Ukraine herrscht russischer Krieg.
Die Städte, Flughäfen und zivile Objekte werden beschossen.
Menschen sterben.
Dieser Krieg tobt mitten in Europa. Vor den Augen der Öffentlichkeit.
Sie darf die Augen vor diesem Krieg nicht verschließen.
Dieser Krieg geht uns alle etwas an.
Denn in der Ukraine wird gerade für die Freiheit Europas gekämpft.
Die Porträtserie „30 Ukrainer*innen in Berlin“ zeigt 30 in Berlin lebende Menschen mit ukrainischer Migrationsgeschichte. Diese Serie ist zwischen Juli und Oktober 2021 entstanden, als die schrecklichen Ereignisse der letzten Tage noch nicht passiert waren. Mein Ziel war damals Ukrainer*innen in Berlin zu porträtieren um sie sichtbar zu machen.
Nun können wir sehen, welche Folgen es hat, wenn man vor bestimmten Entwicklungen – und damit meine ich den seit 2014 andauernden russischen Krieg in der Ukraine – die Augen verschließt. Die Geschichte verzeiht Halbwahrheiten nicht. Sie holt ein. Nun uns alle und nicht nur Ukrainer*innen.
Die Öffentlichkeit muss alles Mögliche tun um diesen Krieg zu stoppen.
Sämtliche Protagonist*innen habe ich an denjenigen Berliner Orten porträtiert, die ihnen wichtig sind oder ihnen etwas Besonderes bedeuten. Diese Orte habe ich gemeinsam mit den Menschen, die ich porträtiert habe, ausgewählt. Diese Serie ist somit gleichzeitig auch eine Liebeserklärung an diese wahnsinnige, bunte, schöne, manchmal hässliche und graue, dabei aber immer auch inspirierende Stadt.
Bei der Auswahl der hier Porträtierten habe ich darauf geachtet, die Diversität der mittlerweile mindestens 24.000 in Berlin lebenden Menschen mit ukrainischer Migrationsgeschichte abzubilden. Die meisten lernte ich über mein langjähriges Engagement in der ukrainischen Community in Berlin kennen. Ich selbst lebe seit 2005 hier. Seitdem habe ich in dieser Stadt viele Ukrainer*innen getroffen, die mich inspiriert haben mit ihrem Engagement, mit ihrer Offenheit und Leidenschaft – sei es beim Ukrainischen Stammtisch, beim Ukrainischen Kinoklub, bei Protestaktionen zum Schutz der Menschenrechte oder anderen Projekten und Initiativen. Die insgesamt 30 Portraits stellen gezwungenermaßen eine Auswahl dar – es könnten noch so viel mehr Menschen porträtiert werden, die zu dieser Stadt gehören.
Die Bilder dieser Serie wurden von mir analog mit einer Großformatkamera fotografiert. Für mich bewahrt das Analoge in seiner Materialität ein Gefühl für die Wirklichkeit in dieser manchmal so surrealen Gegenwart. Und es stellt für mich etwas Bleibendes dar.
Ich wünsche mir sehr, dass der russische Krieg in der Ukraine aufhört und sie bald in Frieden und Wohlstand leben kann.
Wie auch Menschen in Europa und in der ganzen Welt.
28. Februar 2022
Über die Fotografin:
Oleksandra Bienert ist eine in der Ukraine geborene und in Berlin lebende Fotografin, Aktivistin, Forscherin und Träumerin. Sie studierte Europäische Ethnologie, Public History und Fotografie und engagiert sich als Community- und Menschenrechtsaktivistin. Darüber hinaus schreibt sie ihre Doktorarbeit über weibliche Intellektuelle aus der Ukraine im Berlin der Zwischenkriegszeit und arbeitet im Bereich der Stadtentwicklung.
Fotografin Bienert. Foto: Myroslava Purska