#RegioUkraine. Tscherkassy: Geschichte, Sport und Tanz am Dnipro

Grafik: Olga Shchelushchenko

Unsere Serie #RegioUkraine porträtiert die Regionen der Ukraine. Die AutorInnen geben Einblicke in die prägenden Entwicklungen ihrer Heimat. Wir konzentrieren uns auf die acht Regionen, in denen die Kyjiwer Gespräche in den letzten Jahren aktiv sind. Im achten Teil geht es um die Oblast Tscherkassy.

RegioUkraine erscheint in Kooperation mit "Ukraine verstehen“.

Von Yeliena Shchepak, Tscherkassy

Die Oblast Tscherkassy liegt in der Zentralukraine und ist eines der wichtigsten Wassersport-Zentren des Landes. Dank dem Fluss Dnipro, den schönen Wäldern und der historischen Bedeutung verfügt die Region über großes touristisches Potenzial. Doch die Nähe der Hauptstadt Kyjiw (200 Kilometer, zwei Stunden Fahrt) hat nicht nur Vorteile. Viele junge Menschen ziehen weg. Eine Region auf der Suche nach Identität.

Ursprung und Geschichte des Namens Tscherkassy sind noch immer nicht restlos geklärt. HistorikerInnen bieten verschiedene Lösungsvarianten, wobei sich die meisten einig sind, dass der Name etymologisch einer Turksprache entstammt. Der Regionalhistoriker Oleksandr Snojko vertritt die Ansicht, der Stadtname sei abgeleitet von „tschyry kyschy” bzw. „tschyry kysy”, was „starke Menschen” oder auch „Angehörige einer Armee” bedeutet.

Ihre Streitbarkeit hat die Bevölkerung von Tscherkassy mehr als einmal unter Beweis gestellt. Während des Hetmanats von Bohdan Chmelnyzkyj, dessen Hoheitsgebiet sich im Jahr 1654 von Poltawa bis zur Grenze des heutigen Moldowa erstreckte, wurde die Region Tscherkassy zum Zentrum des nationalen Freiheitskampfs. Heute ziert ein Chmelnyzkyj-Denkmal einen der zentralen Plätze in Tscherkassy. In Tschyhyryn, einstmals die Residenz Chmelnyzkyjs, ist ihm ein kulturhistorisches Museumszentrum gewidmet.

Vom Tourismus bis zum Chemiestandort

Die Region Tscherkassy ist die jüngste Region der Ukraine. Als administrative Einheit wurde sie 1954 geschaffen. Davor schon hatte der Tourismus in der Gegend einen Aufschwung erlebt, und Menschen aus der ganzen Sowjetunion machten Urlaub in Tscherkassy. Was Erholungsuchende vor allem anzog, war die saubere Luft inmitten der vielen Kiefernwälder und der riesige Fluss Dnipro, der oft mit dem Meer verglichen wird.

Der Journalist, Schriftsteller und Lokalhistoriker Borys Juchno berichtet, dass in der Vorkriegszeit jährlich bis zu 15.000 Menschen ihre Ferien in Tscherkassy verbrachten, das im Jahr 1939 selbst gerade einmal 50.000 EinwohnerInnen zählte. In den frühen 70er Jahren änderte sich das Entwicklungsparadigma der Stadt. In großer Zahl wurden Chemiebetriebe angesiedelt und unter anderem Kunstdünger, synthetische Fasern und verschiedene Chemikalien und Reagenzien hergestellt. Obwohl viele dieser Fabriken heute den Umfang ihrer Produktion deutlich reduziert haben oder ihren Betrieb auch ganz einstellen mussten, ist in der Wahrnehmung vieler das vormalige Ferienziel Tscherkassy noch immer eine Chemiestadt.

Horodeckis architektonisches Erbe

Das heutige Tscherkassy hat architektonisch gesehen nicht sonderlich viel zu bieten. Zwischen den grauen und oft einförmigen postsowjetischen Bauten stechen nur einige Gebäude heraus, die um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert errichtet wurden. Mehrheitlich werden sie dem berühmten Kyjiwer Architekten Wladislaw Horodecki zugeschrieben. Eines davon, das ehemalige Hotel Slowjanskyj, heute als der Blaue Palast bekannt, wurde zum informellen Wahrzeichen Tscherkassys. Darin zeigen sich Elemente von Modernismus wie Klassizismus. Weiterhin soll Horodecki auch das Gebäude der Staatsbank zuzurechnen sein, wo jetzt bereits seit vielen Jahren ein Restaurant und die Redaktion der Zeitung „Land Tscherkassy” angesiedelt sind. Auch das Haus des Großgrundbesitzers Andrian Schtscherbyna könnte Horodecki entworfen haben. In den letzten 50 Jahren haben sich dort die Brautpaare von Tscherkassy das Ja-Wort gegeben. Jenseits der stilistischen Übereinstimmungen konnte bisher allerdings nicht erwiesen werden, dass Horodecki das Gebäude erbaut hat. Das hat allerdings nicht verhindert, dass es Jahr für Jahr wieder im Ranking der schönsten Hochzeitslocations der Ukraine erscheint.

Offiziell in den Archiven belegt sind nur zwei Gebäude in Tscherkassy als von Horodecki verantwortet, das frühere Mädchengymnasium, heute das Zentrum für Kreativarbeit für Kinder und Jugendliche, und das Jungengymnasium, das jetzt die Danylo-Narbut-Kunstschule beherbergt.

Der Blaue Palast, eine informelle architektonische Visitenkarte von Tscherkassy. Foto: Garry Efimov

Rekordhalter

Architektur und Stadtplanung in Tscherkassy können sich in vielerlei Hinsicht mit Rekorden schmücken. Stolz ist man zum Beispiel auf den zentralen Schewtschenko-Boulevard, der mit seinen 6,5 Kilometern Länge einer der längsten in Europa ist, geschmückt mit Kastanienbäumen.

Einen weiteren Rekord, den sich die Stadt mit der Region teilt, stellt der Staudamm dar. Der 17 Kilometer lange Damm ist der längste der Ukraine. Um die zwei Flussufer zu verbinden, wurde er 1961 erbaut. Berühmt ist der Damm auch wegen seiner einzigartigen Wohnbebauung, der in der Dammmitte gelegenen Station Panske, die einst für die diensthabenden Eisenbahner als Siedlung erbaut und nach dem gleichnamigen, im Krementschuger Stausee untergegangenen Dorf Panske benannt wurde. In der abgelegenen Ortschaft wohnen heute nur zwei Dutzend Familien.

Tscherkassy ist ebenfalls bekannt für die größte orthodoxe Kathedrale der Ukraine, die Sankt-Michaels-Kathedrale.

BürgerInnen wie BesucherInnen stehen auch immer wieder fasziniert vor dem Wasserturm, der vor über 100 Jahren vom russischen Architekten Wladimir Schukow in Tscherkassy erbaut wurde. Der Turm hat heute Seltenheitswert, da nur noch etwa 20 ähnliche Bauwerke Schukows erhalten sind. Obwohl der Turm seinem ursprünglichen Zweck schon seit 1975 nicht mehr dient, hat er als touristische Attraktion eine neue Daseinsberechtigung bekommen. Heute zieren ihn die Nationalfarben.

Sankt-Elias-Kirche, Grabstätte von Hetman Bohdan Chmelnyzkyj. Foto: Garry Efimov

Festivals in Tscherkassy

Tscherkassy ist eine moderne Stadt in der Zentralukraine und Heimat für fast 300.000 Menschen. Das große Plus der Stadt ist die sie umgebende Natur ‑ zur einen Seite der mächtige Dnipro, zur anderen ein riesiges Kiefernwaldgebiet.

Doch trotz seiner reichen natürlichen Ressourcen ist das moderne Tscherkassy noch immer auf der Suche nach seiner Identität. Die Stadt ist eines der wenigen ukrainischen Regionalzentren, wo man auf eine langfristige Entwicklungsstrategie „von oben” gesetzt und gewartet hat. Als Gegengewicht zur „strategischen Tatenlosigkeit der staatlichen Stellen” hat sich aber die Zivilgesellschaft erwiesen, die Tscherkassy aus eigener Kraft eine weitere seiner Zuschreibungen verschafft hat ‑ Tscherkassy wurde zur Festivalstadt.  

In den vergangenen fünf Jahren hat die Stadt eine ganze Reihe von Festivals ausgerichtet, die nicht nur zehntausende EinwohnerInnen, sondern auch viele Gäste aus anderen Städten begeistert haben. Die Corona-Pandemie stoppte das Festivalfieber, und die meisten der geplanten Veranstaltungen musste auf das Jahr 2021 verschoben werden.

In Tscherkassy findet zum Beispiel seit 2016 das einzige Teambuilding-Festival der Ukraine statt. Diese einzigartige Veranstaltung bringt Firmen, staatliche VertreterInnen und zivilgesellschaftlich Engagierte zusammen. Die während des Festivals eingesammelten Gelder werden zur Verwirklichung sozialer Projekte vor Ort und landesweit genutzt. Im vergangenen Jahr wurde damit etwa die Anschaffung eines Venenfindergeräts für Frühgeborene ermöglicht. 

Ein weiteres Zugpferd im städtischen Festivalbetrieb ist das bereits seit vier Jahren bestehende, internationale Kurzfilmfestival „KinoShot”. Dabei werden unter freiem Himmel im Tal der Rosen und in den städtischen Kinos interessante Kurzfilmproduktionen gezeigt. Thematische Seminare, Diskussionsrunden und Meisterklassen runden das Festivalprogramm ab.

Tscherkassy hat auch ein Literaturfestival, das inzwischen als dem Lwiwer Buchforum ebenbürtig gilt. Im vergangenen Jahr haben 50 Verlage aus der ganzen Ukraine dort ihre Bücher präsentiert. Während mehrerer Tage konnten BürgerInnen von Tscherkassy bei Veranstaltungen auf der Straße und in Cafés VerlegerInnen und AutorInnen begegnen, die in der ganzen Ukraine und darüber hinaus bekannt sind.

Seit acht Jahren begrüßt die Stadt jeden Sommer auch tausende Motorradbegeisterte. 2019 zog das „Straße nach Sitsch”-Festival 6000 Biker an.

Zudem hat Tscherkassy eine lange Geschichte mit dem Jazz. Die „Cherkasy Jazz Days” finden seit 2004 statt, als ihre hauptsächliche Triebkraft gilt das Cherkasy Jazz Qintet, das sich 2003 in der Stadt gründete. Das Ensemble hat Auftritte überall in der Ukraine und gastiert häufig auch im Ausland.

Der Fluss Dnipro. Foto: Garry Efimov

„Das Meer von Tscherkassy”

In letzter Zeit ist Tscherkassy auch zu einem Vorreiter des SUP, der Trendsportart Stehpaddeln geworden. An einem der Strände wurde schon vor Jahren eine SUP-Station eingerichtet, und in diesem Jahr fand zum zweiten Mal ein Themenfestival statt, wenn auch unter Quarantänebedingungen. Dennoch kamen Teilnehmende aus Kyjiw, Dnipro, Winnyza, Saporischschja und Uschhorod, insgesamt mehr als hundert SUP-Fans.

Ljubomyr Kolomijez, der Festivalorganisator, findet, man müsse das „Meer von Tscherkassy” aktiver nutzen: „Der Dnipro bei Tscherkassy ist das ideale Sprungbrett, um die Stehpaddelbewegung weiter voranzutreiben. Wir sind doch eine Wasserstadt, das ist unser Aushängeschild. Noch dazu gibt es im Umkreis von nur 50 km zum Beispiel mit Ros, Irdyn, Tjasmyn, Wilschanka, und Solotonoschka noch viele andere aufregende Wassersportlocations”, sagt Ljubomyr. „Alles begann mit einem großen Traum ‑ den Tourismus vor Ort zu entwickeln, und Menschen unter dem Dach unserer Philosophie zusammenzubringen, zu der wir während vieler Jahre auf unseren eigenen Reisen gefunden haben. In diesem Jahr waren wir nicht mehr nur ein paar Leute, die sich fürs Stehpaddeln interessieren, sondern eine Art soziokulturelle Bewegung, die Leute zusammenführt, die für den Wandel in Gesellschaft, Kultur, und Tourismus eintreten.”

Ljubomyr Kolomijez, Organisator des SUP-Festivals. Foto: Garry Efimov

Alle auf die Tanzfläche

Zur Aufwertung der Kulturszene in Tscherkassy trug auch das zwei Jahre währende Projekt „Straßentanz” statt. Auf dem zentralen Chmelnyzkyj-Platz werden Tango und Chacarera getanzt. Ins Leben gerufen wurde das Projekt von Viktorija Duchota aus Tscherkassy. Alles begann mit einem Tangofestival 2016. Damals gab es in ganz Tscherkassy nur 10 Leute, die Tango tanzten.

Das Festival brachte immerhin 60 TänzerInnen aus der Ukraine zusammen. „Am Sonntag haben wir dann einen Workshop an unserem Schiffsanleger organisiert, bei dem man Chacarera tanzen lernen konnte. Ich war verblüfft, wie viele Menschen sich zu uns gesellten, um zuzuschauen und zu lernen. Ganz gewöhnliche Leute, von SeniorInnen bis zum Kind, machten mit uns mit. Als das Festival vorbei war, wurde mir klar, dass die Menschen hier auf den Straßen tanzen wollen, dass sie miteinander Zeit verbringen wollen”, sagt Viktoria. Nur einen Monat später begann „Straßentanz” immer samstags als regelmäßige Veranstaltung.

„Das Angebot war ein Riesenerfolg. Die Zeitungen schrieben darüber, es kamen Dutzende Menschen. Manchmal wurde ich sogar auf der Straße angesprochen, wann denn wieder auf dem Platz getanzt werde”, erinnert sich Viktoria.

Doch diese leuchtende Erfolgsgeschichte enthält einen Wermutstropfen. Viktoria hatte sich jahrelang darum bemüht, dass statt des ungeeigneten Pflasters auf dem Platz ein zum Tanzen geeigneter Belag verlegt würde. Doch seit mittlerweile vier Jahren und trotz vieler Versprechungen auf diversen Ebenen der Stadtverwaltung wurde keine Tanzfläche geschaffen.

Vom Gang der Dinge enttäuscht, stellten die Organisatoren „Straßentanz” ein.

„Ich habe alles freiwillig und ohne Bezahlung gemacht und von den Behörden kein Geld verlangt. Ich habe nur gebeten, dass man uns einen Tanzboden hinlegt, damit sich die TänzerInnen beim Tango nicht ihre Schuhe ruinieren. Ein Paar Tangoschuhe kosten 100 Euro, und nach einer Runde auf dem Platz mussten die Mädchen ihre Schuhe zur Reparatur bringen”, erzählt Viktorija Duchota traurig.

Viktorija Duchota, Organisatorin von "Straßentanz". Foto:Garry Efimov

Auf den Spuren von Schewtschenko und Chmelnyzky

Tscherkassy kommt der Titel eines Regionalzentrums zu, doch im Hinblick auf Kultur ist die Stadt nur einer unter vielen bedeutenden Orten der gleichnamigen Region. Besondere Aufmerksamkeit verdient hier Uman, das sich in den letzten Jahren einen Namen als Stadt der Brunnen gemacht hat. Bereits zuvor war Uman berühmt als Ziel der jährlichen Wallfahrt chassidischer Juden aus der ganzen Welt. Im vergangenen Jahr waren es über

40.000 Gläubige, die in die Region Tscherkassy kamen, um das jüdische Neujahrsfest Rosh Ha-schana in Uman mit einem Besuch am Grab ihres Zaddik, Rabbi Nachman, zu begehen. Kaniw hingegen empfängt immer am 22. Mai Scharen von Gästen aus der ganzen Ukraine, denn hier ist auf dem Tschernetscha-Hügel der hochverehrte ukrainische Dichter Taras Schewtschenko begraben.

In der ganzen Ukraine wird seiner mit Denkmälern und Straßennamen gedacht, so gab es 2017 ukraineweit an die 11 000  Orte, die den Dichter in dieser Weise ehrten. Ein weiteres Glanzlicht der Region Tscherkassy ist Tschyhyryn, eine Stadt mit einer reichen Kosakenvergangenheit, die unter dem Kosakenführer Bohdan Chmelnyzky Hauptstadt seines Hetmanats war. Die Stadt und ihre umliegenden Dörfer haben unter dem Label „Kulturhistorisches Landschaftsschutzgebiet Tschyhyryn” viel zu bieten, darunter vor allem das Familiengrab von Bohdan Chmelnyzky bei der Sankt-Elias-Kirche in Subotiw.

Die Aktivistin Dina Glasunowa arbeitet seit drei Jahren daran, die Geschichte ihrer Heimat für Kinder aufzubereiten. Alles begann 2017, als die Kyjiwer Gespräche in Tschyhyryn das Stadtentwicklungsprogramm für kleine Städte auflegten. Dina gewann in dessen Rahmen eine Förderung, um eine Bildungsstätte für jugendliche AktivistInnen aufzubauen. Dort lernten junge Menschen, wie man Projekte konzipiert, und die interessantesten drei Projekte wurden dann auch finanziell gefördert. „Darunter war jenes der Schülerin Nastja Didenko, deren Mutter als Sekretärin für das Tschyhyryner Schutzgebiet arbeitete. Mutter und Tochter hatten ein Projekt initiiert, um Schulkinder spielerisch die Geschichte ihres Landes erkunden zu lassen.“

Die beiden hatten bereits Erfahrung mit Malbüchern, Spielen und Wissenswürfeln zu historischen Themen gesammelt. „Also haben wir im Tschyhyryner Museum gemeinsam einen kindgerechten Ort gestaltet. Während die Erwachsenen das Museum besuchen, können sich die Kinder auf ihre Art mit Geschichte auseinandersetzen”, erzählt Dina. Inzwischen wollen sie das Projekt ausbauen, und die Idee der Kinderecken auch nach Subotiw und Stetsiwka tragen.

Die Aktivistin Dina Glazunowa. Foto: Garry Efimov

Herausforderungen für die Region

Die Revolution der Würde und im Nachgang der Krieg in der Ostukraine haben die Zivilgesellschaft in den Gemeinden gestärkt und Hoffnung auf Wandel verbreitet. Diese Hoffnung ist mittlerweile der Enttäuschung über die neue Regierung gewichen. In die neugewählten Stadträte sind vielerorts pro-russische Parteien eingezogen. Ein anderes Problem teilt die Region mit vielen anderen in der Ukraine: den Wegzug junger Menschen nach Polen und in andere Länder, in denen sich ihnen bessere Verdienstmöglichkeiten bieten. Obwohl die Internetportale überquellen mit Jobangeboten in der Heimat, sind die in Aussicht gestellten Löhne meist in keinster Weise mit denen zu vergleichen, die ukrainischen Arbeitskräften im Ausland geboten werden.

Eine weitere Konkurrenz erwächst gerade Tscherkassy in Bezug auf den Arbeitsmarkt durch die Nähe der Hauptstadt. Von Tscherkassy sind es nach Kyjiw gerade einmal 200 km oder zwei Stunden Autofahrt. 

Die Region Tscherkassy ist eine geschichtsträchtige Gegend, die Touristen viel zu bieten hat. Cholodnyj Jar, die Butka-Schlucht und der künstliche See in Butschaka sind sehenwert. Das historische Erbe gibt nicht nur Auskunft über wichtige regionale Meilensteine, sondern erschließt auch Ereignisse, die für die gesamte Ukraine schicksalhaft waren. Doch häufig zerschellen touristische Träume an der harten Realität: Die Straßen zu all diesen magischen Orten sind derart schlecht, dass die Lust auf einen Besuch oft nur allzu schnell verfliegt.

Am kritischsten ist der Zustand bei der „Perle der Stadt”, beim Dnipro. Aufgrund von ökologischen Problemen und fehlenden Maßnahmen zu ihrer Lösung „blüht” der Fluss in jedem Jahr noch etwas früher, und die Badesaison muss, anstatt drei bis vier Monate zu dauern, schon im Frühsommer wieder beendet werden. Einige wenige lokale Bemühungen, den Dnipro zu reinigen, bewirken wenig, der Fluss benötigt ein umfassendes Rettungskonzept.

Heute sind Tscherkassy und die anderen Städte der Region vielleicht noch nicht so attraktiv wie München oder Porto, aber die Dynamik der Region nimmt Fahrt auf, insbesondere im Bereich Tourismus. Es besteht also Hoffnung, dass eines Tages auch Touristen aus München oder Porto kommen werden, denn das Potential ist da: der Dnipro, die Wälder, eine günstige geografische Lage, und engagierte, interessierte Menschen, die das Leben in Tscherkassy jeden Tag ein bisschen besser machen.

Aus dem Ukrainischen von Beatrix Kersten.

Den ersten Teil der Serie #RegioUkraine aus Mykolajiw lesen Sie hier.

Den zweiten Teil der Serie #RegioUkraine aus Slowjansk lesen Sie hier

Den dritten Teil der Serie #RegioUkraine aus Uschhorod lesen Sie hier

Den vierten Teil der Serie #RegioUkraine aus Odessa lesen Sie hier

Den fünften Teil der Serie #RegioUkraine aus Charkiw lesen Sie hier

Den sechsten Teil der Serie #RegioUkraine aus Lwiw lesen Sie hier

Den siebten Teil der Serie #RegioUkraine aus Mariupol lesen Sie hier

 

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