Presse­mitteilung

Von jetzt an heißen wir Kyjiwer Gespräche

Aus den „Kiewer Gesprächen“ werden nun die „Kyjiwer Gespräche“. Es sind nur drei Buchstaben, aber diese bedeuten den Ukrainerinnen und Ukrainern viel. Wir werden ab jetzt die Transliteration aus dem Ukrainischen, anstelle der aus dem Russischen, nutzen - als ein Zeichen von Respekt und Anerkennung für den souveränen ukrainischen Staat und die ukrainische Sprache.

In diesem Jahr wird unser Projekt 15 Jahre alt. Als wir es 2005 gegründet haben, wollten wir damit den Dialog mit der ukrainischen Zivilgesellschaft fördern. Es war offensichtlich, dass die Ukraine sich veränderte. Die Orangene Revolution hat Schwung in die ukrainische Gesellschaft gebracht. Immer mehr Ukrainerinnen und Ukrainer blickten in Richtung EU und wollten die sowjetische Vergangenheit Vergangenheit sein lassen.

Fünfzehn Jahre später steht fest, dass dies ein sehr schwerer und langwieriger Prozess ist. 2013-2014 sind die Ukrainerinnen und Ukrainer während der Maidan-Revolution wieder auf die Straße gegangen, um für ihre Souveränität, europäische Werte und gegen eine korrupte politische Elite zu kämpfen. Die Krim-Annexion und die russische Aggression im Donbass zeigten, dass Russland bereit ist, die Ukraine für ihren Willen zur Emanzipation und Unabhängigkeit hart zu bestrafen. Und es wurde klar, dass die Frontlinien nicht nur im Osten der Ukraine verlaufen, sondern überall. Zum Beispiel in der Sprache.

2015, als um die Stadt Debalzewe in der Ostukraine gekämpft wurde, haben große deutsche Zeitungen (Welt, Die Zeit, FAZ, etc.) bewusst die ukrainische Schreibweise Debalzewe und nicht die russische Debalzewo gewählt. Keiner wollte im Verdacht stehen, die russische Expansion durch die Auswahl der Schreibweise zu rechtfertigen.

Warum schreiben wir aber immer noch Kiew statt Kyjiw im Deutschen? Kiew ist die deutsche Transliteration der russischen Schreibweise (russ.: Киев). So wurde die Stadt im Deutschen im 19. Jahrhundert geschrieben, als ein Großteil der heutigen Ukraine zum Russischen Kaiserreich gehörte und „Kleinrußland“ genannt wurde, und auch später, als die Ukraine eine Republik der Sowjetunion war.

Kyjiw hingegen ist die deutsche Transliteration der ukrainischen Schreibweise (ukr.: Київ). Zwar ist das „Y“ im Deutschen in der Aussprache nicht mit dem Laut identisch, der im Ukrainischen mit «И» notiert wird, aber es kommt der ukrainischen Aussprache, sowie auch der historischen Aussprache im Altrussischen, näher. 2019 fand die Schreibweise „Kyjiw“ Aufnahme in den Duden.

Kyjiw ist die Hauptstadt der Ukraine, eines seit 1991 unabhängigen Staates, dessen einzige Amtssprache Ukrainisch ist. Sie wurde nach ihrem Gründer – Kyj – benannt, dem ältesten der drei Brüder Kyj, Schtschek und Choryw, die zusammen mit ihrer Schwester Lybid im 5. Jahrhundert die Stadt gegründet haben sollen. So ist es in der Nestorchronik, der ältesten erhaltenen ostslawischen Schrift, festgehalten. Kyjiw war das Zentrum des mittelalterlichen Staates Kyjiwer Rus (882-1240).

Ab jetzt werden wir auf unserer Webseite auch alle anderen ukrainischen Ortsbezeichnungen in der deutschen Transliteration aus dem Ukrainischen anführen und diese in all unseren Rubriken allmählich anpassen. Bei den Texten im Archiv wird selbstverständlich die alte Schreibweise beibehalten.

Kyjiw unterscheidet sich von Kiew nur durch drei Buchstaben, doch diese bedeuten den Menschen in der Ukraine viel. Dr. Olesia Lazarenko, Ukrainistin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), bezeichnet den Übergang von Kiew zu Kyjiw im Deutschen als einen „Akt von Respekt für den unabhängigen ukrainischen Staat und für die ukrainische Sprache“.

So sehen wir es auch. Kyjiw statt Kiew zu schreiben, bedeutet, die Ukraine als eigene Nation anzusehen und gleichzeitig zur internationalen Sichtbarkeit des Ukrainischen als eigenständiger Sprache in Osteuropa beizutragen.

Inzwischen ist es üblich geworden – nicht zuletzt dank einer internationalen Kampagne der ukrainischen Botschaften mit dem Slogan #kyivnotkiev – im Englischen Kyiv statt Kiev zu schreiben und es dementsprechend auszusprechen. Auch hier fand ein Wechsel von der russischen zur ukrainischen Transliteration des Städtenamens statt. The New York Times, BBC und Washington Post verwenden diese Schreibweise, ebenso viele Flughäfen auf der ganzen Welt.

In Deutschland halten viele Medien und Institutionen bisher an der bekannteren Transliteration aus dem Russischen „Kiew“ fest, meist zugunsten der Leserlichkeit. Mit einem Toponym, bei dem so viel Identität und Politik mitschwingt, sollten wir sensibler umgehen. Wir werden das jetzt in den „Kyjiwer Gesprächen“ tun – und laden alle ein, sich uns anzuschließen.

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